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Klatsch und Tratsch » » Thema: iss ja schon fast samstag |
Beitrag von:
User existiert nicht mehr bei MBSLK.de | Geschrieben am 30.07.2003 um 18:05 Uhr  
| Na, erinnerst Du Dich?
Wisst Ihr noch, damals ?
Wir haben es tatsächlich geschafft.
Kaum zu glauben, aber es ist so.
Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft, speziell was der Gesetzgeber
und die Bürokraten, die Medien und die Informationsgesellschaft uns
täglich vorbeten und verbieten, müssten wir alle, die in den Fünfzigern
bis Anfang der Siebziger aufgewachsen sind, längst tot sein.
Unsere Kinderbetten waren mit bleihaltigen Farben bemalt und Formaldehyd
sickerte aus jeder Pore.
Ganz zu schweigen vom Tapetenleim, dem Kleber des Linoleums oder den
PVC-Dämpfen des Bodenbelages.
Wasserfeste Filzstifte hatten Ausdünstungen, die benebelten und wer
erinnert sich noch an den leicht salzigen Geschmack des abzuleckenden
Tintenkillers?
Steckdosen, Medizinflaschen, Schranktüren und Schubladen waren noch
nicht kindersicher.
Messer, Schere, Gabel und Licht wurden uns zwar verboten, aber meistens
mussten wir uns erst einmal daran verletzten, um es zu glauben.
Unsere Fahrräder, Roller und Rollschuhe fuhren wir ohne Schützer und
Helme.
Die Risiken, per Anhalter in den nächsten Ort zu fahren, waren uns
unbekannt!
Zum Thema Auto erinnere ich mich weder an einen Sicherheitsgurt, noch an
Airbags, ABS oder ähnliche Sicherheitsvorrichtungen im Wagen meines
Vaters.
Man saß zwar hinten, aber an einem heißen Sommertag gab es doch nichts
schöneres, als seinen Kopf aus dem Fenster (das man damals noch komplett
runterkurbeln konnte) des fahrenden Autos zu stecken und sich den
Fahrtwind ins Gesicht blasen zu lassen, dass man kaum noch Luft bekam.
Wasser haben wir direkt aus dem Gartenschlauch getrunken und nicht aus
einer Flasche.
Wahnsinn!
Wir aßen fettige Schmalznudeln und frischgebackenes Brot mit fingerdick
Butter drauf, dazu gab es überzuckerte Limonaden oder künstlich
gefärbtes Tri-Top.
Fett geworden sind wir deswegen nie, weil wir immer draußen waren.
Wir haben zu fünft aus einer Limoflasche getrunken und es ist
tatsächlich keiner daran gestorben.
Wir haben stunden- und tagelang an Seifenkisten oder ähnlichen Gefährten
geschraubt, die wir aus rostigem Schrott und splitterigem Holz
konstruiert hatten.
Dann sind wir den Hügel damit runter nur um festzustellen, dass wir die
Bremsen vergessen hatten.
Nachdem wir ein paar Mal in der Böschung gelandet waren, haben wir
gelernt, auch dieses Problem zu lösen.
Wir gingen in der Früh raus und haben den ganzen Tag gespielt, höchstens
unterbrochen von Essenspausen und kamen erst wieder rein, als es dunkel
wurde und man den Fußball nicht mehr richtig sehen konnte.
Wir waren nicht zu erreichen.
Keine Handys!
Wenn es regnete, spielten wir bei Freunden Monopoly oder Mensch ärgere
dich nicht, Mühle oder Dame und bauten mit Matchbox-Autos ganze Städte
auf.
Wir hatten weder Playstations oder Nintendo, X-Boxen oder Videospiele,
keine PCs, keine 50 Fernsehkanäle oder Surround-Anlagen.
Ins Kino zu gehen war ein Ereignis, für das man sich herausputzte und
das einem vor Vorfreude den Magen kribbeln ließ.
Es gab noch Vorfilme, die immer eine Überraschung waren, weil keiner
wusste, was zu erwarten war und wenn zufällig ein Donald Duck- oder
Micky Maus Film dabei war, hatte man das ganz große Los gezogen.
Wir hatten Freunde!
Wir gingen raus und haben uns diese Freunde gesucht.
Wir haben Fußball gespielt mit allem, was sich kicken ließ und wenn
einer einen echten Lederball hatte, war er der King und durfte immer
mitspielen, egal wie schlecht er war.
Um im Verein mitspielen zu dürfen, gab es Aufnahmeprüfungen, die nicht
jeder bestanden hat. Wer es nicht geschafft hat, lernte mit der
Enttäuschung umzugehen.
Wir spielten Völkerball bis zum Umfallen und manchmal tat es weh, wenn
man abgeworfen wurde.
Wir sind von Bäumen und Mauern gestürzt, haben uns geschnitten,
aufgeschürft und haben uns Knochen gebrochen und Zähne ausgeschlagen.
Wir hatten Unfälle!
Es waren einfach Unfälle, an denen wir Schuld waren.
Es gab niemanden, den man dafür verantwortlich halten konnte und
vielleicht sogar noch vor den Kadi zerrte.
Wer erinnert sich noch an all die Unfälle?
Unsere Knie und Knöchel waren von Frühjahr bis Herbst lädiert und ein
Schienbein ohne blaue Flecke gab es nicht.
Wenn wir uns an Brennnesseln gebrannt hatten, oder uns eine Mücke
gestochen hatte, haben wir entweder drauf gespuckt, oder den
Nachbarshund drüber lecken lassen oder drauf gepinkelt.
Geholfen hat alles.
Wir haben gestritten und gerauft, uns gegenseitig grün und blau
geprügelt und gelernt, damit zu leben und darüber weg zu kommen.
Wir haben Spiele erfunden mit Stöcken und Bällen, haben mit Ästen
gefochten und Würmer gegessen.
Und obwohl es uns immer wieder prophezeit wurde, haben wir kaum ein Auge
ausgestochen und die Würmer haben auch nicht in uns überlebt.
Wir sind zu einem Freund geradelt, haben an der Tür geläutet und sind
dort geblieben nur um mit ihm zu reden.
Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere, also haben sie eine
Klasse wiederholt.
Sie sind nicht durchgefallen, sondern wurden von den Lehrern einfach
zurückgestuft.
Zensuren wurden nie manipuliert, egal aus was für Gründen.
Wir waren für unsere Aktionen selbst verantwortlich.
Konsequenzen waren immer zu erwarten, wenn wir Mist gebaut hatten.
Der Gedanke, dass ein Elternteil uns raushaut wenn wir mit dem Gesetz in
Konflikt geraten waren, war undenkbar.
Im Gegenteil, die Eltern stellten sich stets auf die Seite des Gesetzes.
Stell Dir das einmal vor!
Unsere Generation hat einige der größten Erfinder hervorgebracht.
Die letzten 50 Jahre waren eine wahre Explosion an Innovationen und
Ideen.
Wir hatten Freiheit und Zwang, Erfolg und Misserfolg, Verantwortung und
Konsequenz.
Und wir haben gelernt damit umzugehen.
Erinnere Dich daran, wie Du aufgewachsen bist und Du wirst sehen, was
unseren Kindern heute fehlt.
Als die Eltern einmal ein Auge zudrückten, anstatt die Kinder mit
übergroßer Vorsicht zu erdrücken.
Unsere Eltern trauten uns zu, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Meistens hat es geklappt.
Die paar Mal, die daneben gingen zählen wir zu unseren
Lebenserfahrungen.
--
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Beitrag von:
... ist OFFLINE
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Beitrag von:
User existiert nicht mehr bei MBSLK.de | Geschrieben am 30.07.2003 um 18:34 Uhr  
| Recht hast Du, im Grossen und Ganzen hab ich das alles so erlebt und überlebt.
Man waren das Zeiten, ein Jahr hat ewig gedauert.
Unglaublich welche verschütteten Erinnerungen beim lesen deiner Zeilen hochkamen.
Gruss Rainer
--
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Beitrag von:
... ist OFFLINE
Schreiberlevel: Forenoberprimaner
Beiträge: 611
User seit vor Apr. 03
| Geschrieben am 30.07.2003 um 18:44 Uhr  
|
mad.murdoc schrieb:
...Wasserfeste Filzstifte hatten Ausdünstungen, die benebelten und wer
erinnert sich noch an den leicht salzigen Geschmack des abzuleckenden
Tintenkillers?
>>>Ooooh ja. Es gab nichts schöneres, als an einem Filzstift zu schnuppern.
...Unsere Fahrräder, Roller und Rollschuhe fuhren wir ohne Schützer und
Helme.
>>>Und wie waren meine Beine und Arme verschrammt.
...dazu gab es überzuckerte Limonaden oder künstlich
gefärbtes Tri-Top.
Fett geworden sind wir deswegen nie, weil wir immer draußen waren.
>>>und viel Bewegung hatten. Auch richtig!
...Wir haben zu fünft aus einer Limoflasche getrunken und es ist
tatsächlich keiner daran gestorben.
>>>Herpes? Pilze? Kenne ich aus meiner Kindheit überhaupt nicht.
...Wir gingen in der Früh raus und haben den ganzen Tag gespielt, höchstens
unterbrochen von Essenspausen und kamen erst wieder rein, als es dunkel
wurde und man den Fußball nicht mehr richtig sehen konnte.
>>>Einmal hab ich voll Ärger gekriegt, weil meine Uhr stehen geblieben war und ich nicht gemerkt hab, daß es schon 23 Uhr war.
...Ins Kino zu gehen war ein Ereignis, für das man sich herausputzte und
das einem vor Vorfreude den Magen kribbeln ließ.
>>>Ich weiß noch, wie ich mich tierisch drüber aufgeregt hab, daß einer mit "Jeans" ins Kino geht!
...Es gab noch Vorfilme, die immer eine Überraschung waren, weil keiner
wusste, was zu erwarten war und wenn zufällig ein Donald Duck- oder
Micky Maus Film dabei war, hatte man das ganz große Los gezogen.
>>>Kann ich mich auch noch seeeehr gut erinnern!
...Um im Verein mitspielen zu dürfen, gab es Aufnahmeprüfungen, die nicht
jeder bestanden hat. Wer es nicht geschafft hat, lernte mit der
Enttäuschung umzugehen.
>>>Ohne Psychologe und Seelenkleptner.
...Wir haben gestritten und gerauft, uns gegenseitig grün und blau
geprügelt und gelernt, damit zu leben und darüber weg zu kommen.
>>>Ohne Rechtsanwalt und Betriebsrat.
...Wir hatten Freiheit und Zwang, Erfolg und Misserfolg, Verantwortung und
Konsequenz.
Und wir haben gelernt damit umzugehen.
>>>Was die meisten Kinder heute nicht mehr können.
Ja. Das waren noch Zeiten.....
Chrissy
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Beitrag von:
User existiert nicht mehr bei MBSLK.de | Geschrieben am 30.07.2003 um 18:46 Uhr  
|
obsimet schrieb:
Recht hast Du, im Grossen und Ganzen hab ich das alles so erlebt und überlebt.
Man waren das Zeiten, ein Jahr hat ewig gedauert.
Unglaublich welche verschütteten Erinnerungen beim lesen deiner Zeilen hochkamen.
Gruss Rainer
--
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Bei mir ist es zwar noch nicht sooo lange her, aber an einige Anekdoten habe ich mich beim lesen ebenfalls erinnert, vorallem das mit den blauen Flecken
Gruß
Gregor
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